Neue EU-Vorschläge für die Weiterentwicklung der Verbraucherschlichtung

Vor 10 Jahren schuf die EU mit der ADR-Richtlinie 2013/11/EU erstmals einen einheitlichen Rahmen für die außergerichtliche Streitbeilegung von Konflikten zwischen Verbraucher:innen und Unternehmen. Sie regelte die Gewährleistung flächendeckender Schlichtungsangebote und legte Qualitätskriterien wie die Unabhängigkeit, Freiwilligkeit und Effizienz der Verfahren fest. Die Richtlinie sollte eine EU-weite Mindestharmonisierung gewährleisten und musste von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die Umsetzung der ADR-Richtlinie in Deutschland erfolgte 2016 mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG). Nun hat die EU-Kommission neue Vorschläge veröffentlicht.

Während die bisherige ADR-Richtlinie nur für vertragliche Streitigkeiten galt, soll sie nun auf alle verbraucherrechtlichen Streitigkeiten ausgedehnt werden und damit auch gesetzliche oder vorvertragliche Rechtsgrundlagen umfassen. Auch wenn die Zuständigkeit vieler branchenspezifischer Schlichtungsstellen – wie etwa die der söp  – schon heute über vertragliche Streitigkeiten hinausgeht, würde die nun vorgeschlagene Erweiterung in Deutschland vor allem zu einer Ausweitung des Zuständigkeitsbereichs der ergänzend zuständigen Universalschlichtungsstelle des Bundes führen.

Eine weitere Änderung der ADR-Richtlinie sieht vor, dass Unternehmen innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang eines gegen sie gerichteten Schlichtungsantrags erklären müssen, ob sie zur Teilnahme am Verfahren bereit sind. Eine solche Erklärung ist für die der söp angeschlossenen Unternehmen jedoch nicht erforderlich, da sie ihre Teilnahme bereits pauschal durch ihre Mitgliedschaft im söp-Trägerverein erklären. Dieser Änderungsvorschlag zielt vielmehr ab auf Unternehmen bei solchen Schlichtungsstellen, wo die Teilnahmebereitschaft in jedem einzelnen Fall geklärt werden muss.

Im Übrigen enthalten die neuen Vorschläge keine Antwort auf das drängende Problem der unzureichenden Bekanntheit von Verbraucher-ADR. Nach aktuellem Recht müssen Unternehmen über ihre Teilnahme am ADR-Verfahren mit Benennung der zuständigen ADR-Stelle informieren, wenn sie einer Verbraucherbeschwerde nicht selbst abhelfen. Diese effiziente Konkretisierung der allgemeinen Informationspflicht will die EU-Kommission nun jedoch streichen, was zu weniger Bekanntheit über die Option Verbraucherschlichtung führen und damit das von der EU-Kommission proklamierte Ziel einer Stärkung von Verbraucher-ADR konterkarieren dürfte.

Schließlich schlägt die EU-Kommission noch eine institutionelle Unterstützung bei der Einreichung von Schlichtungsanträgen bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten und für schutzbedürftige Verbrauchergruppen sowie eine Entlastung der ADR-Stellen von Berichtspflichten gegenüber staatlichen Stellen vor.

Neben diesen Änderungen der ADR-Richtlinie enthält das von der EU vorgestellte Paket noch zwei weitere Vorschläge: Zum einen gibt es eine Empfehlung zu Streitbeilegungsmechanismen von Online-Marktplätzen, die Qualitätskriterien der ADR-Richtlinie freiwillig zu übernehmen. Zum anderen soll die von der EU betriebene ODR-Plattform in ihrer bisherigen Form mangels Erfolg eingestellt werden.

Fazit:

Die neuen Vorschläge der EU-Kommission enthalten einige Modifizierungen, ändern aber nicht die Grundarchitektur der ADR-Richtlinie. Die großen praxisrelevanten Fragen, wie Verbraucherschlichtung bekannter gemacht und wie die Teilnahmebereitschaft von Unternehmen effektiv erhöht werden kann, bleiben von der EU-Kommission im Wesentlichen leider unbeantwortet. Es bleibt zu hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber bei der anstehenden Revision des VSBG mutiger ist und die Verbraucherschlichtung spürbar stärkt.

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