Änderungsbedarf bei der Verbraucherschlichtung? Rechtspolitische Überlegungen.

Bei Streitigkeiten von Verbraucher:innen mit Unternehmen erscheint der Weg zum Gericht häufig unpassend – gerade bei niedrigen Streitwerten wirkt das Klageverfahren zu langwierig, zu teuer und zu kompliziert. Eine attraktive, niedrigschwellige Alternative sind außergerichtliche Verfahren wie die Schlichtung für Verbraucher:innen.

Vielen Verbraucher:innen sind die Vorteile von Schlichtung (noch) nicht bekannt

Verbraucher:innen ist jedoch häufig gar nicht bewusst, welche Wege der außergerichtlichen Streitbeilegung ihnen offen stehen und welche Vorteile diese haben. Dies zeigt auch die Erfahrung der söp: Da viele Reisende nicht wissen, dass die von der Bundesregierung als unabhängigie Verbraucherschlichtungsstelle anerkannte söp ihnen ein kostenloses Schlichtungsverfahren ermöglicht, schalten sie provisionspflichtige, kommerzielle Anbieter ein – und verschenken damit bares Geld. Wie lässt sich also die Bekanntheit von Schlichtungsstellen wie der söp steigern?

Zukunftsweisende Ideen dazu erläutert der Experte für außergerichtliche Streitbeilegung Prof. Reinhard Greger in seinem aktuellen Beitrag „Verbraucherstreitbeilegung – wie die Attraktivität steigern?“ ?“ (veröffentlicht in: Zeitschrift für Konfliktmanagement (ZKM), 4/2022, S. 125–129). So schlägt er u.a. vor, dass Unternehmen noch konsequenter über die Möglichkeit der Verbraucherschlichtung informieren müssen, sobald sie einer Kundenbeschwerde nicht (voll) stattgeben. Dies wäre eine positive Klarstellung der Informationspflicht in Art. 13 Abs. 3 ADR-Richtlinie bzw. § 37 VSBG.

Einvernehmliche Lösungen vermitteln – ohne oder mit juristischer Prüfung?

In Deutschland wird unter der Verbraucherschlichtung vor allem ein Schlichtungsverfahren i.e.S. verstanden: Nach umfassender Rechtsprüfung des Falls unterbreiten die Schlichter:innen einen zunächst unverbindlichen Schlichtungsvorschlag, der sowohl von Unternehmen also auch von Verbraucher:innen angenommen oder abgelehnt werden kann.

R. Greger betont in seinem o.g. Beitrag, dass es über die Schlichtung hinaus noch weitere Möglichkeiten zur einvernehmlichen Streitbeilegung gibt. Interessant sind dabei vor allem Lösungen, die von den Parteien ähnlich wie in einer Mediation selbst gefunden werden.

Dies bestätigt sich im Alltag der söp: Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr nutzt schon seit einigen Jahren viele unterschiedliche Wege, damit Reisende und Unternehmen einvernehmlich gute Lösungen finden – auf diese Weise können Streitigkeit mitunter binnen weniger Tage erfolgreich gelöst werden.

Wichtig ist dabei, das passende Verfahren für den individuellen Fall zu wählen: Wenn sich bereits ohne juristische Prüfung eine Einigung vermitteln lässt, ist dies für alle Seiten sinnvoll und effizient. Wenn aber Verbraucher:innen eine juristische Prüfung vorziehen, dann bietet sich ein „klassischer“ Schlichtungsvorschlag mit nachvollziehbarer rechtlicher Begründung an. Bei der söp ist beides möglich.

Weitere Gedanken und EU-Konsultation

Mit der ADR-Richtlinie 2011/13/EU schuf die EU im Jahr 2013 dafür erstmals einen europäischen Rahmen. Die Richtlinie wurde in Deutschland durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) umgesetzt. Derzeit erwägt die Europäische Kommission eine Überarbeitung der Richtlinie und bereitet Reformvorschläge für das kommende Jahr vor. Nach einer ersten allgemeinen Konsultation führt sie nun eine weitere Konsultation mit Fokus auf digitalen Angeboten durch.

R. Greger wägt in seinem oben genannten Beitrag  zahlreiche Reformideen ab, u.a. die pauschale Teilnahmepflicht für Unternehmer, Zugangserleichterungen durch eine zentrale Anlaufstellen bzw. Plattform sowie die Vollstreckbarkeit von Schlichtungsergebnissen. Damit bietet er einen hervorragenden Überblick zur aktuellen Debatte und gibt interessante neue Impulse für eine Überarbeitung der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

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