Entschädigung bei Beförderung in der 2. Klasse trotz Fahrkarte für die 1. Klasse? Erfahren Sie mehr im aktuellen Fallbeispiel.

Die Planung einer Zugreise weckt so manche Erwartungen. In erster Linie wollen Reisende natürlich pünktlich an ihrem Zielort ankommen. Und wer eine Fahrkarte für die 1. Klasse oder eine Sitzplatzreservierung bucht, erhofft sich auch einen entsprechenden Komfort. Was ist jedoch, wenn der Wagen der 1. Klasse nicht zur Verfügung steht oder Sitzplatzreservierungen nicht eingenommen werden können? Unser aktueller Fall gibt einen Einblick in die Schlichtungsarbeit der söp.

Plätze in der 1. Klasse konnten zunächst nicht genutzt werden

Zwei Reisende, einer davon mit einer Schwerbehinderung, wollten mit dem Zug vom niedersächsischen Emmerthal aus nach Kempten im Allgäu fahren. Für ihre Reise hatten sie eine Super Sparpreis-Fahrkarte für die 1. Klasse erworben und Sitzplatzreservierungen kostenlos hinzugebucht. Die 1. Klasse war jedoch zunächst gesperrt. Die Reisenden konnten ihre reservierten Sitzplätze daher nicht einnehmen. Sie mussten sich unter erschwerten Bedingungen Sitzplätze in der 2. Klasse suchen. Erst im späteren Verlauf der Fahrt war es ihnen dann möglich, ihre Sitzplatzreservierungen doch noch in Anspruch zu nehmen.

Das Verkehrsunternehmen entschuldigte sich für den entstandenen Komfortverlust: Aus Kulanz stellte die Bahn zwei Genuss-Gutscheine im Gesamtwert von 10,00 EUR zur Verfügung. Daraufhin schalteten die Reisenden die söp als Schlichtungsstelle ein und forderten eine finanzielle Kompensation von 50,00 EUR für den eingeschränkten Bahnkomfort. Die söp prüfte das Anliegen der Reisenden.

Zugunsten der Reisenden berücksichtigte die söp folgende Punkte:

  • Die Reise hat nicht dem erwarteten Komfort entsprochen.
  • Insbesondere für den schwerbehinderten Reisenden war die Fahrt beschwerlich.
  • Reisende mit einer Fahrkarte zum Super Sparpreis oder Sparpreis für die 1. Klasse erhalten, nach den Beförderungsbedingungen des hier in Anspruch genommenen Verkehrsunternehmens, einmalig jeweils 20,00 EUR für alle in der Fahrkarte eingetragenen Personen, wenn in einem Fernverkehrszug außerplanmäßig Wagen der 1. Klasse fehlen.
  • Der Wagen der 1. Klasse war zwar vorhanden, da die Reisenden die reservierten Sitzplätze ja später doch noch einnehmen konnten. Jedoch lässt sich die Bestimmung analog auf die geschilderte Sperrung des Wagens anwenden, so dass sich für die Reisenden ein Zahlungsanspruch in Höhe von 40,00 EUR ergeben könnte.

Zugunsten der Bahn berücksichtigte die söp folgende Punkte:

  • Für das Fehlen der 1. Klasse ist regelmäßig ein Nachweis, z.B. die Bescheinigung des Zugpersonals, erforderlich.
  • Die Reisenden wären im gerichtlichen Verfahren für die zeitweise Sperrung der 1. Klasse darlegungs- und beweisbelastet. Inwieweit ihnen dieser Beweis gelingen könnte, ist im Schlichtungsverfahren mangels einer dem Gerichtsverfahren vergleichbaren Beweisaufnahme nicht aufklärbar.
  • Zudem haben Reisende keinen Anspruch auf Rückzahlung des Reservierungsentgelts. Ein solcher Anspruch kommt gemäß der Beförderungsbedingungen der Bahn nur in Betracht, wenn die Reisenden für ihre Sitzplatzreservierungen ein Entgelt entrichtet haben und diese nicht nutzen konnten.
  • Die Reisenden konnten ihre Reservierungen in dem Fernverkehrszug nicht vollständig nutzen. Allerdings hatten sie für diese kein gesondertes Entgelt entrichtet, so dass eine Erstattung ausscheidet.
  • Weiterhin spricht für das Verkehrsunternehmen, dass es den Reisenden bereits aus Kulanz zwei Genuss-Gutscheine im Wert von insgesamt 10,00 EUR übersandt hatte.

Fazit: Der Fall konnte einvernehmlich geschlichtet werden

Die söp schlug im Hinblick auf den denkbaren Anspruch einerseits und die Beweislast der Reisenden andererseits zur Beilegung der Streitigkeit vor, dass das Verkehrsunternehmen den Reisenden aus Kulanz einen Reisegutschein im Wert von 40,00 EUR übersendet. Das Verkehrsunternehmen wie auch die Reisenden erklärten sich mit diesem Vorschlag einverstanden.

Haben Reisende mit ihrer Beschwerde bei einem Unternehmen keinen Erfolg, bieten wir als eine der größten Verbraucherschlichtungsstellen Europas einen niedrigschwelligen Zugang zum Recht. Reisende profitieren dabei von einer unabhängigen, kostenfreien Fallprüfung durch spezialisierte Jurist:innen. Der Antrag kann ganz einfach über unser Online-Formular eingereicht werden.

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